Arbeitssicherheit und der Turmbau zu Babel
- markvonrotz4
- 1. Juli 2024
- 3 Min. Lesezeit
Die Baubranche ist multikulti. Denn wo Menschen gemeinsam anpacken, kann Grossartiges erreicht werden: neue Stadtquartiere, intelligente Infrastrukturprojekte, Holz-Hybrid-Gebäude, spektakuläre Tunnel, markante Brücken, moderne Hochhäuser, grosse Stauanlagen, etc. Solche Grossprojekte muten an wie der Turmbau zu Babel. Diverse Nationen arbeiten zusammen. Darin liegt auch die Krux: sprachliche und kulturelle Unterschiede bzw. Barrieren. Was passiert, wenn man sich untereinander nicht eindeutig und vernünftig verständigen kann, zeigt die Praxis.

Halb Europa arbeitet auf Schweizer Baustellen
Immer mehr Bauunternehmungen wie auch Handwerker sind auf ausländische Mitarbeiter angewiesen, um überhaupt arbeits- und geschäftsfähig zu bleiben. Ein Blick in die Statistik zeigt, wer auf Schweizer Baustellen tätig ist:
Schweiz: 35 %
Portugal: 32 %
Türkei, Serbien, Kroatien, Nordmazedonien,Italien, Frankreich, Deutschland usw.: 33%
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In Summe heisst das: 65 % des Personals stammen nicht aus der Schweiz und sprechen somit eine andere Sprache und sind anders sozialisiert. Logischerweise bringt das Missverständnisse und Kontroversen mit sich. Jedoch auch Arbeitsunfälle, die vermieden hätten werden können.
Sprachengewirr der Bauarbeiter
Eine der grössten Schweizer Bauunternehmungen beschäftigt nach eigenen Angaben Mitarbeiter aus 80 Ländern. Achtzig! Das bedeutet im Umkehrschluss: Nur ein Bruchteil kann die Anweisungen zur Arbeitssicherheit oder die Hinweise zum eigenen Gesundheitsschutz lesen. Im Arbeitsalltag führt das oft zu Leichtsinn und kritischen Momenten, die sich in der Zahl der Verunfallten widerspiegeln. Im Jahr 2023 wurden laut SUVA 186‘398 Berufsunfälle und Berufskrankheiten gemeldet. Der eine oder andere Unfall hätte sicherlich vermieden werden können, wenn mit der Sprachbarriere nicht so lax umgegangen würde. Unsere Erfahrung zeigt, dass es an geeigneter Instruktion der Mitarbeiter hakt. Kurz: Die Kommunikation findet im besten Fall nur in einer der Landessprachen der Schweiz statt. Wer diese nicht spricht, bleibt aussen vor.
Was nun?
Bilder und Grafiken machen einen richtig guten Job. Erst recht, wenn es um Leib und Leben geht.
Kurze und klare Botschaften versteht man überall auf der Welt.
Mehrsprachige Vorarbeiter/ Poliere sind von grossen Wert für die interkulturelle Kommunikation.
Übersetzungs-Apps auf dem Smartphone nutzen. (Text auf Fotos lässt sich gut übersetzen.)
Vorbild sein und selbst sicher arbeiten!
Die Macht des eigenen Rollenbildes
Malochen, zupacken, etwas riskieren: Wann ist ein Mann ein Mann? Das Image des starken Mannes hält sich hartnäckig. Ein Bewusstsein für die eigene Gesundheit wird oft erst dann entwickelt, wenn die Leistungsfähigkeit schwächelt. Noch gibt die Gesellschaft den Tenor vor. Traditionelle Männerbilder sind in konservativeren Kulturen verankert. Sich und „seinen Wert“ zu beweisen, Stärke zu zeigen ist ein Ausdruck von Abgrenzung und der Suche nach Anerkennung. Solch eine Denke ist bei Mitarbeitern z.B. aus den Ländern des Balkans zu beobachten. Ferner muss die wirtschaftliche Situation des Herkunftslandes bedacht werden. Häufig unterscheiden sich die Gesetze und deren Umsetzung von denen der Schweiz erheblich!
Mensch und Sicherheitskultur
Jede Kultur tickt anders. So wie der Mensch aufwächst, so wird er geprägt. Während in einem Teil der Welt Risikobereitschaft und der Hände Arbeit viel bedeuten, zählen woanders andere Werte und Normen. Diese in der Praxis an den Mann zu bringen, erfordert Wohlwollen, Offenheit und eine gewisse Ausdauer.
Wer nicht verstehen kann, wird (irgendwann) fühlen. Sicherheitshinweise, die die Menschen nicht verstehen, ist verbranntes Geld. Nutzen Sie einfache oder die Muttersprache!
Nehmen Sie Bezug auf das Rollenbild. Wenn der Ernährer ausfällt, hat das Auswirkungen auf die ganzer Familie!
Stellen Sie klar, dass Arbeitssicherheit in der Schweiz ein Muss ist! Sie als Vorgesetzter sind in der Pflicht und haften auch dafür.
Prävention ist besser als Arbeitsunfähigkeit. Basta!
personalfokus AG
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